Anfrage: Szenekundige Beamte führen auch in Hamburg eine Personendatenbank der Fußballfanszene – Ohne Löschfristen und mit hunderten gespeicherter Namen
In mindestens sieben Bundesländern – Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Berlin, NRW, Niedersachsen, Sachsen, Hessen – existieren neben der umstrittenen bundesweiten „Datei Gewalttäter Sport“ (DGS) verschiedene lokale Arbeitsdateien, die von den sogenannten Szenekundigen Beamten (SKB) geführt werden. Das war uns Anlass, auch in Hamburg nach der Existenz einer solchen Datenbank zu fragen. Die Antworten des Senats sind erschreckend:
Seit 2006 existiert auch in Hamburg eine solche geheime Datenbank. Sie umfasst 2170 Fans unterschiedlicher Clubs, deren Namen, Wohnort, Mailadressen und Fotos. Das Ganze ohne Löschfristen. Noch im Juli 2014 hatte die Hamburger Polizei in einer Anfrage nach dem Hamburger Transparenzgesetz die Existenz einer solchen Datei verneint.
In welcher Form die Daten gespeichert werden, wer Zugriff auf sie hat und wer Daten einpflegen darf ist weiter unklar. Daher haben wir nun eine zweite Anfrage in dieser Sache eingereicht. Mehr dazu in Kürze auf www.grundrechte-kampagne.de
Gefahrengebiete
Am 13. Mai 2015 hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht die gesetzliche Grundlage für die Errichtung von Gefahrengebieten für verfassungswidrig erklärt. Eine Neuregelung war angekündigt, doch seitdem ist nichts passiert. Vielmehr scheint es vor dem Hintergrund der unsäglichen Debatte zu den Angriffen auf Frauen in der Silvesternacht zu einem Rollback zu kommen: Verdachtsunabhängige Kontrollen (Schleierfahndung) werden wieder für alle Bundesländer gefordert. Unser Antrag (Missachtung der Rechtsprechung durch die Exekutive beenden – § 4 Absatz 2 PolDVG streichen!), der die Abschaffung der gesetzlichen Grundlage für die Einrichtung von Gefahrengebieten zum Ziel hatte, wurde abgelehnt. Die Mehrheit im Parlament hat stattdessen die Ankündigung einer eigenen Gesetzesänderung beschlossen.
Die Begründung des Senats für die Einrichtung der Gefahrengebiete war ein angeblich zielgerichteter politisch motivierter Angriff von Autonomen auf die Davidwache. Mittlerweile musste die Polizei Hamburg zugeben, dass die ursprüngliche Darstellung falsch war. Das Verfahren wurde eingestellt. Der Vorwurf der gezielten Desinformation der Öffentlichkeit durch die Polizei wurde geäußert. Christiane Schneider will nun im Innenausschuss klären lassen, was von den ursprünglichen Vorwürfen heute noch geblieben ist.
Sicherheit im öffentlichen Raum
Die Debatte, die nach den sexualisierten Angriffen auf Frauen in der Silvesternacht entbrannte, war unsäglich, in weiten Teilen rassistisch und in ihrer objektivierenden, sexualisierenden und instrumentalisierenden Haltung gegenüber Frauen massiv sexistisch. Die Debatten in der Bürgerschaft spiegelten diesen Diskurs wieder und waren teilweise ebenfalls nur schwer zu ertragen.
Gleichwohl ist und war es immer angebracht, über die mangelnde Sicherheit von Frauen und Mädchen im öffentlichen Raum und auf Großveranstaltungen zu sprechen. Mit dem Antrag „Schutz vor sexualisierter Gewalt im öffentlichen Raum“ wollen wir diese Probleme in der Bürgerschaft fundiert diskutieren und Vorschläge machen. Der Antrag wird in Kürze in der Parlamentsdatenbank abrufbar sein.
Verdeckte Ermittlerinnen
Die Aufklärungsversuche zum Einsatz der Verdeckten Ermittlerin Iris P. im Innenausschuss sind bis auf weiteres beendet. Zwei Klagen gingen beim Verwaltungsgericht ein: Das FSK klagte wegen des Eingriffs in die Rundfunkfreiheit und eine von Iris P. getäuschte Frau wegen Verletzung ihrer Grundrechte.
Im Fall der verdeckten Ermittlerin Maria B. mauert der Senat weiter. Die Mehrheit des Innenausschusses hat die Debatte – gegen uns und die FDP – für beendet erklärt.
Dazu eine kleine Anekdote aus dem Wortprotokoll des Innenausschusses am 05.11.2015: Auf die Frage, warum in der rechten Szene keine verdeckten Ermittler_innen eingesetzt würden, antwortet die Innenbehörde: „VE im Bereich Rechts können Sie nicht ohne Saufen und Straftaten. Beides sehen wir bei unseren Polizisten nicht gerne. Das geht gar nicht.
(Zwischenruf der Abg. Christiane Schneider: Nach dem Motto „Das überlassen Sie dem Verfassungsschutz“.)
Das geht gar nicht. Aber Sie sind in dem VP-Thema mittlerweile so weit drin, dass Sie wissen, dass das ja keine, eben keine Beamten sind, die das machen, aber VE im Bereich Rechts, das geht überhaupt nicht. Das können Sie überhaupt nicht sauber händeln und deswegen lässt das LKA das ganz.“
Die Materialsammlungen zu beiden Fällen werden von uns weitergeführt und sind auf http://www.grundrechte-kampagne.de zu finden.